Den Goldstandard in der Behandlung von Patienten mit Diabetes vom Typ-1 stellt die intensivierte Insulintherapie bzw. die Insulinpumpentherapie (CSII) dar. Dank moderner Analog-Insuline, neuartiger technischer Hilfsmittel, guter Schulung und Betreuung der Patienten gelingt heutzutage in vielen Fällen eine gute Blutzuckerkontrolle. Schwere Unterzuckerungen (Hypoglykämien) und Spätfolgen des Diabetes lassen sich vielfach vermeiden.
Dennoch gibt es Patientinnen und Patienten mit Typ-1-Diabetes, welche trotz optimalen Diabetesmanagements kein befriedigendes Behandlungsergebnis erreichen. Eine – glücklicherweise kleine – kritische Gruppe von Betroffenen erleidet immer wieder schwere Unterzuckerungen und Komplikationen, die eine eingeschränkte Lebensqualität bis hin zur Arbeitsunfähigkeit nach sich ziehen.
Gründe für einen schwer einzustellenden diabetischen Stoffwechsel können unter anderem sein:
Für Patientinnen und Patienten mit Diabetes vom Typ-1, welche mit der herkömmlichen Insulintherapie keine ausreichende Stoffwechselkontrolle erreichen, stellt sich die dringende Frage nach alternativen Behandlungsmöglichkeiten.
Ein interessanter Ansatz für alternative Behandlungsmöglichkeiten bei Diabetes vom Typ-1 ist, die in der Bauchspeicheldrüse durch die Autoimmunerkrankung Typ-1-Diabetes verloren gegangenen insulinproduzierenden Betazellen zu ersetzen. Die Ziele sind dabei:
Zwei Methoden der Betazell-Ersatztherapie stehen heute zur Verfügung:
Für eine Inselzelltransplantation werden zunächst aus einer Spender-Bauchspeicheldrüse die Langerhans’schen Zellen gewonnen. Das sind die Zellbereiche, in welchen die insulinproduzierenden Betazellen angesiedelt sind. Dieses Gewebe wird im Labor aufbereitet und über einen Katheter in die Pfortader der Leber des Patienten eingeschwemmt. Dort siedeln sie sich als eine Art Mini-Organ an und beginnen mit der Insulinproduktion.
Die Voraussetzungen, die die Patienten mitbringen müssen, um für die eine oder die andere Methode geeignet zu sein, sind ähnlich. Spätkomplikationen können bei beiden Methoden immer erfolgreicher vermieden werden. Die Therapieformen unterscheiden sich jedoch erheblich in Bezug auf die Größe des erforderlichen operativen Eingriffs und damit verbundene Risiken:
GUT ZU WISSEN
Eine Transplantation - sowohl der Bauchspeicheldrüse, als auch von Inselzellen - zieht die lebenslange Einnahme immunsuppressiver Medikamente nach sich.
Um Abstoßungsreaktionen zu vermeiden, müssen nach beiden Eingriffen Medikamente eingenommen werden, die die normale Funktion des Immunsystems unterdrücken (Immunsuppressiva). Hierfür steht eine Reihe moderner, gut wirksamer Medikamente zur Verfügung. Allerdings sind diese mit relevanten Nebenwirkungen verbunden. Eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung ist daher entscheidend.
Die Langzeitergebnisse nach Inselzelltransplantationen haben sich über die letzten Jahre vor allem durch die Verfeinerung der Methode zur Zellgewinnung und die verwendete Begleitmedikation stetig verbessert. So kann heute bei der Mehrzahl der Patientinnen und Patienten über zehn Jahre hinaus eine gute Organfunktion erreicht werden. Allerdings sind die Behandelten nicht komplett unabhängig von Insulin-Spritzen. Die Insulinunabhängigkeit hängt von der insgesamt übertragenen Masse an Inselzellen ab.
Weltweit wird in vielen Zentren eine Inselzelltransplantation häufig stufenweise durchgeführt, mit bis zu drei Präparationen von Inseln mehrerer Spender. Dies verbessert die Insulinunabhängigkeit deutlich. Die Ergebnisse sind vergleichbar mit denen nach Bauchspeicheldrüsen-Organtransplantation (Pankreastransplantation).
GUT ZU WISSEN
Nach einer Inselzelltransplantation muss meist immer noch Insulin gespritzt werden. Jedoch stabilisiert sich der Blutzuckerstoffwechsel und Komplikationen werden vermieden.
In Ländern wie Deutschland jedoch, wo Spenderorgane Mangelware sind und der Zugang zu Spender-Bauchspeicheldrüsen für Inselzelltransplantation eingeschränkt ist, kann dieses Verfahren der Mehrfach-Transplantation nicht umgesetzt werden. Anstelle einer kompletten Insulinunabhängigkeit, sind die Therapieziele einer Inselzelltransplantation in Deutschland daher von vorne herein eher
Diese Therapieziele sind mit einer einmaligen Transplantation meist erreichbar und die entsprechend behandelten Patienten profitieren sehr gut. Aus Patientensicht überwiegen die Vorteile der Behandlung, auch wenn Insulin weiterhin von außen zugeführt werden muss.
Obgleich die Mechanismen bislang nicht vollständig geklärt sind, kommt es bei Patienten nach Inselzelltransplantation zu einer Wiederherstellung von Stoffwechselabläufen, welche neben der Insulinausschüttung zusätzlich für die Blutzuckerregulation von Bedeutung sind. Diese Abläufe sind immens wichtig um diabetische Notfälle zu vermeiden und können die Lebensqualität der Betroffenen deutlich verbessern.
Insgesamt stellt die Inselzelltransplantation für einen kleinen Teil von Menschen mit Diabetes mellitus vom Typ-1, labilem Zuckerstoffwechsel und häufigen Unterzuckerungen bzw. Hypo-Wahrnehmungsstörungen eine vielversprechende Behandlungsoption dar. Entscheidendes Behandlungsziel ist dabei vorrangig die Stabilisierung der Blutzuckerkontrolle durch die Wiederherstellung einer eigenständigen Insulinfreisetzung. Für den Erfolg der Behandlung ist dabei entscheidend, die Patientinnen und Patienten sorgfältig auszuwählen, nachdem alle herkömmlichen Behandlungsmethoden ausgeschöpft wurden. Patient und behandelnder Arzt oder Ärztin sollten gemeinsam Nutzen und Risiken gewissenhaft abwägen.
Weltweit steht die Suche nach alternativen Quellen für die Betazellersatztherapie im Fokus der Diabetesforschung. An Bedeutung gewonnen haben dabei
Neben zahlreichen Arbeitsgruppen weltweit, arbeitet ein Forscherteam der Universität Dresden an einem System zur sogenannten Makroverkapselung von Inselzellen. Das Transplantat wird dabei in einen „Container“ integriert. Die Herausforderung liegt darin, einen ausreichenden Einstrom von Sauerstoff und Nährstoffen sowie einen ungehinderten Ausstrom der Hormone Insulin und Glukagon zu gewährleisten. Außerdem gilt es, eine sichere Barriere gegenüber dem Immunsystem aufrechtzuerhalten, um Abstoßungsreaktionen zu vermeiden.
Der „Charme“ dieser Systeme liegt in der verhältnismäßig einfachen Implantationstechnik. Zwei Schichten Inselzellen, eingebettet in Alginat, werden verkapselt in ein Kunststoffgehäuse.
Außerdem enthält der Container einen zentralen Sauerstofftank, der von außen befüllt werden kann und dadurch eine optimale Sauerstoffversorgung der Inselzellen gewährleistet. Die Kapsel ist von Membranen umgeben, die einerseits den Stoffaustausch von Glukose und Insulin ermöglichen, andererseits aber Komponenten des Immunsystems vom Transplantat abschirmen. Die momentane Version dieses Behältnisses ist knapp sieben Zentimeter im Durchmesser und 18 Millimeter dick und wird unter der Bauchhaut von außen auf das Bauchfell platziert, ohne die Bauchhöhle zu eröffnen.
Die zuletzt publizierten Daten der Arbeitsgruppe um PD Dr. Ludwig beschreiben die Erprobung von verkapselten Schweine-Inselzellen im Modellversuch. Sowohl die Sicherheit als auch die Wirksamkeit des Systems wurden sehr positiv bewertet. Damit ist die Grundlage gegeben für eine erste klinische Prüfung des Konzepts am Menschen.
Aktuelle Forschung zum Thema
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Letzte Aktualisierung |
06. Juli 2018 |